Mit
Pong läutete Atari 1972 die Revolution der Arcadespiele weg von mechanischen und elektromechanischen Spielen hin zu elektronischen Videospielen ein. Trotzdem wurde ab 1975 an Flipperautomaten gearbeitet, und das hatte einen recht einfachen Grund: Flipper brachten Spielhallenbetreibern und Gastwirten zu dieser Zeit immer noch deutlich mehr ein als Videospiele. Mit einem Videoarcadespiel verdiente ein Hallenbetreiber selten mehr als 40 Dollar die Woche, weniger als ein Billardtisch in der gleichen Zeit einbringt. Die Sorge der Hallenbetreiber erreichte natürlich auch Atari, und so wurde 1975 die Pinball Division ins Leben gerufen. Während des kurzen Bestehens der Division wurden insgesamt sieben Flipper auf den Markt gebracht, vier weitere schafften es nicht zur Marktreife.
Atari wollte bewusst andere Flipper bauen als die seinerzeit führenden Mitbewerber wie Bally, Gottlieb oder Williams und setzte dabei voll auf Technologie (sogenannte
Solid State Pinballs), was auch als Grund dafür angegeben wurde, dass die Geräte signifiktant teurer waren als die Konkurrenzmodelle. Eine dieser Technologien war die kontaktlose, sprich: nicht mechanische Steuerung. Es wurden elektronisch produzierte Geräusche verwendet, ebenso Sensoren unter statt Schaltern auf dem Spielfeld. Nach der Veröffentlichung des ersten Flippers
The Atarians im November 1976 zeigte sich schnell, dass die Atari-Flipper meist von den Leuten angesteuert wurden, die nicht zu den üblichen Flipperspielern zählten.
Die Atari-Flipper hatten jedoch auch mit Problemen zu kämpfen: Bei den Geräten der ersten Generation befindet sich die Hauptplatine direkt unter dem Spielfeld. Schmutz oder herabfallende Teile konnten so zu einer Funktionsstörung führen, in einem Fall soll es sogar zu einem Brand gekommen sein. Das wurde mit den Geräten der zweiten Generation behoben, indem man I/O- und CPU-Einheiten auf separate Platinen packte und sie in die Backbox, also den hinteren Teil der Flipperautomaten, setzte. Ebenfalls die erste Generation betrifft das eher kosmetische Problem, dass die Punkteanzeige nicht am Backglass zu sehen war, sondern vorne links über dem Spielfeld, damit war sie die meiste Zeit vom Spieler verdeckt – was natürlich ungeschickt war. Denn hohe Punktezahlen beim Flippern wollen gefeiert werden, und dazu mussten diese auch gut für alle anderen sichtbar sein. Ab
Superman war dann auch die Punkteanzeige in die Backbox integriert. Die ersten drei Modelle hatten zudem das Problem, dass statt des mechanischen Plungers ein Drehmagnet eingesetzt wurde, der sich aber im Betrieb als äußerst störanfällig erweisen sollte. Ab
Middle Earth wurde daher auf die bewährte Lineartechnik zurückgegriffen und auch für die betroffenen Modelle ein Umrüstsatz angeboten.
Das Ende der Pinball Division kam langsam. Als Warner Communications Atari im Oktober 1976 aufkaufte – also noch bevor der erste Atari-Flipper auf den Markt kam – war die Warner-Führung eher mäßig begeistert von den Plänen. Zwischen der Atari-Führung unter Nolan Bushnell und den bei Warner für Atari Verantwortlichen unter Manny Gerard gab es immer wieder Diskussionen, nicht nur um den zu erzielenden Preis der Geräte. Zum Ende führten dann mehrere Umstände: Der 1979 erschienene Flipper
Superman war von Anfang an so beliebt, dass Atari mit der Fertigung nicht mehr hinterherkam. Die Firma war im Gegensatz zu Bally und Gottlieb immer noch ein Neuling und kannte die Produktionsabläufe noch nicht so richtig. Laut Don Osborne, seinerzeit Marketingleiter für die Coin-Op Division, brauchte Atari ganze vier Monate für die gleiche Menge an Flipperautomaten, die Bally innerhalb von nur zwei Wochen produzieren konnte. DC Comics entzog Atari schließlich die Lizenz zur Nutzung der Marke Superman für die Flipperautomaten. Anstelle eine neue Lizenz zu beantragen, wollte Atari den Flipper schließlich unter anderem Namen vermarkten, was allerdings nicht mehr umgesetzt wurde.
Hercules sorgte zwar für Aussehen, misst der gigantische Flipper doch eine Höhe von etwa 211 cm und eine Tiefe von 236 cm und nutzte Kugeln so groß wie Billardkugeln, war aber bei den Spielern ansonsten nicht allzu beliebt. Ohne Nolan Bushnell, der von der Warner-Führung Ende 1978 abgesägt wurde und die Firma im Januar 1979 verließ, fehlte den Entwicklern auch die Kreativität und der Antrieb. Im Frühjahr 1979 wurde die Pinball Division schließlich geschlossen und die Produktionshallen zur Fertigung der neu erscheinenden Heimcomputerserie 400/800 umgerüstet. Bereits begonnene Entwicklungen wurden dann auch eingestellt. Allerdings wurden bis 1983 vier weitere Flipper entwickelt, die aber alle nicht veröffentlicht wurden.
Auch wenn die Pinball Division kommerziell eher mäßig erfolgreich war, hinterließ sie doch einen bleibenden Eindruck in der Branche. Unter Pinball-Fans genießen die Flipper nicht zuletzt auf Grund George Oppermans Gestaltung der meisten Geräte ein recht hohes Ansehen. Auch die Entscheidung, Widebody-Geräte zu produzieren, wurde später von anderen Herstellern, insbesondere Gottlieb, aufgegriffen.
Letzte Seitenbearbeitung: 11. Februar 2023