Nintendo
Nintendo auf Vertriebspartnersuche

Ein Atari Famicom!?

Der japanische Videospielproduzent Nintendō kabushiki-gaisha (engl. Nintendo Co., Ltd.) arbeitete nach den Erfolgen einige seiner Arcadespiele wie Donkey Kong seit 1982 an einer eigenen modulbasierten Videospielkonsole auf Basis des MOS 6502-Kerns. Schon Monate vor der Veröffentlichung des Nintendo Family Computer (jap. ファミリーコンピュータ / Famirī Konpyūta, kurz ファミコン / Famikon) im Juli 1983 trat Nintendo an verschiedene amerikanische Hersteller heran, um die Konsole mit deren Hilfe auch dort vermarkten zu können. Die meisten lehnten von vornherein ab, bei Atari jedoch wurde das System im April 1983 unter der Projektnummer CX2100 auf die Liste der möglichen Veröffentlichungen gesetzt. Die desolate finanzielle Situation Ataris, die Entlassung von CEO Ray Kassar und die Restrukturierung unter dem neuen CEO James Morgan sorgten jedoch dafür, dass Nintendo die schleppend laufenden Verhandlungen im September 1983 abbrach und stattdessen nun daran arbeitete, die Konsole selbst vertreiben zu können. Sie erschien in den USA am 18. Oktober 1985 schließlich als Nintendo Entertainment System und löste mit weltweit etwa 40 Millionen (+ weiteren 20 Millionen Famicom-Geräten) verkauften Exemplaren den bisherigen Spitzenreiter Atari 2600 ab.

Dass es nicht zu einer Veröffentlichung von Famicom unter Atari gekommen ist, kann man aber durchaus positiv sehen. Denn Nintendo war schon zu dieser Zeit als sehr restriktiv bekannt, Hardware und Spiele würden von der Firma fest vorgegeben werden, lediglich die Gehäuseproduktion, Verpackung und Vertrieb wären in der Hand Ataris gewesen. Ein Vertrieb der Famicom-Konsole unter der Marke Atari hätte demnach Nintendo weitaus mehr genutzt als Atari, die so in eine völlige Abhängigkeit zu Nintendo geraten wären. Atari hatte zu dieser Zeit selbst zusammen mit der General Computer Corporation die technisch recht ähnlich gelagerte Konsole MARIA in der Entwicklung, zudem noch einige Modelle der XL-Computerserie. Im Vertriebssortiment hatte Atari derzeit die Konsolen 2600, Video Arcade, Video Arcade II und 5200, die Konsole 2800 stand kurz vor der Veröffentlichung in Japan. Im Computersektor hatte Atari derzeit die Modelle 400/16, 800/48 und 1200XL am Markt.

Entwicklungsgeschichte des Famicom

Nachdem Nintendo Anfang der 1980er Jahre mit einigen Arcadespielen wie Donkey Kong große Erfolge feierte, gab es Pläne, eine modulbasierte Spielkonsole zu entwickeln. Masayuki Uemura übernahm den Entwurf des Systems, erste Pläne sahen ein 16-Bit-System mit Tastatur und Diskettenlaufwerk vor. Nintendo-Präsident Hiroshi Yamauchi lehnte dies jedoch ab, da er befürchtete, Tastaturen und Disketten könnten potenzielle und technisch unbedarfte Kunden eher abschrecken als anlocken. Im Oktober war ein erstes Testmodell für Hardwaretests betriebsbereit. Zwischenzeitlich erhielt das Projekt den Namen GameCom, auf Betreiben von Uemuras Ehefrau wurde dieser aber in Famicom geändert. Yamauchi legte die Farbgebung des Systems in weiß/rot fest. Die weitere Entwicklung des Systems wurde vom amerikanischen ColecoVision inspiriert. Takao Sawano, Manager des Famicom-Projekts, brachte die Konsole seiner Familie mit, die schnell von der Grafikleistung des Systems beeindruckt war. Die Spielmodule sollten ursprünglich etwa die Größe einer Musikkassette haben. Jedoch gab es schon bei den Konnektoren der Arcadespiele desöfteren mal Kontaktprobleme, weswegen man sich für eine eher robuste Bauweise entschied, die Modulgröße wurde dabei allerdings verdoppelt. Die im Wesentlichen auf den Game & Watch-Spielen basierenden Controller – ursprünglich waren eigentlich Arcadejoysticks geplant – sind aus Kostengründen fest mit dem System verkabelt, andere Controller können jedoch über einen Erweiterungsanschluss eingesteckt werden. Herzstück des Systems ist der Ricoh 2A03-Prozessor, der auf dem Kern des MOS 6502 basiert, als Grafikchip kommt ein PPU Ricoh zum Einsatz.

Unterschiede zwischen Famicom und NES

Im Gegensatz zum NES ist der Famicom ein Toplader, die Module werden von oben direkt auf die Hauptplatine eingesteckt statt von vorne auf einen Adapter eingeschoben. Während das NES die Daten über Umwege ans Mainboard schicken muss, besteht so beim Famicom eine direkte Verbindung. Zum leichteren Austausch der Module ist mittig am Famicom ein Schieber montiert, der bei Betätigung das Spielmodul auswirft. Sogenannte Lock-Out-Chips wie beim NES werden im Famicom nicht verwendet. Im ersten Controller befinden sich die Start- und Select-Tasten, im zweiten Controller ist ein Mikrofon eingebaut.

Nintendo Family Computer

Letzte Bearbeitung: 21. Oktober 2023