Im Juni 1989 wurden in Chicago auf der Summer CES die
Atari Business Computer erstmals vorgestellt, als Einstiegsmodell kam wenige Monate später der ABC286 auf den Markt. Die PC-Serie wurde mittlerweile zwar eingestellt, dennoch basiert der ABC286 direkt auf dem Modell
PC4, welcher erst im Mai 1989 auf den Markt kam, und ist somit dessen direkter Nachfolger bzw. streng genommen sogar der selbe Computer, nur mit neuer Optik und neuer Bezeichnung. Gegen Ende 1991 wurde der ABC286 eingestellt. Der ABC286 ist der letzte IBM-Kompatible, der von Atari sowohl selbst entwickelt als auch selbst (bzw. durch die Tochter ATMC) gefertigt wurde, die
386er-Modelle inklusive dem
Notebook wurden zugekauft.
Atari ABC286 Einzelne Bilder zum Vergrößern anklicken |
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Grundsätzlich muss man zwei Grundversionen unterscheiden. Die Modelle ABC
8, ABC
10 und ABC
12 sind mit einem abgespeckten PC4-Mainboard ausgestattet (intern
PC4LC, wobei
LC für
Low Cost steht), die Modelle ABC
16 und ABC
20 dagegen mit einem voll ausgestatteten PC4-Mainboard (intern
PC4X). Wichtigster Unterschied zwischen den PC4X- und PC4LC-Modellen ist bei Letzterem das Fehlen des vierten ISA-Slots, des XT-Slots, vier von acht Arbeitsspeicher-Steckplätzen, VGA-Grafikfähigkeit und des externen Floppyanschlusses. Die tiefgestellten Zahlen in der Modellnummer bei den einzelnen ABC-Versionen geben im Übrigen die Taktfrequenz des Systems in MHz an, die Zahl hinter dem Schrägstrich in der Handelsbezeichnung die Speicherkapazität der ab Werk enthaltenen Festplatte (ABC286 = ohne Festplatte, ABC286/30 = 30 MB, ABC286/60 = 60 MB).
Das Gehäuse ist bis auf kleinere Details bei allen Versionen das Selbe. Es bietet Platz für zwei Laufwerke im 5¼″-Format sowie eins im 3½″-Format, auf der Rückseite sind je nach Version drei oder vier Ausschnitte für die ISA-Karten vorhanden. Gefertigt ist das Gehäuse aus verzinktem und pulverbeschichtetem Stahlblech mit einer Kunststoffblende an der Front.
Wie bei den von Atari entwickelten IBM-Kompatiblen üblich, folgt das Format des Mainboards keinem festgelegten Standard, es ist mit 350×330 mm ein wenig größer als das Standard-AT-Format. Je nach Version befinden sich auf dem Mainboard drei oder vier 16-Bit-ISA-Steckplätze sowie bei der PC4X-Version ein zusätzlicher 8-Bit XT-Steckplatz, für den aber kein Ausschnitt im Gehäuse vorgesehen ist und der auf Grund der Gehäusekonstruktion auch gar nicht genutzt werden kann, da sich ein Teil des Laufwerks- und Netzteilhalters direkt über dem Slot befindet. Die Monitorschnittstelle(n) (Digital bei PC4LC, Digital und Analog bei PC4X) samt DIP-Schalter zur Konfiguration, eine parallele und eine serielle Schnittstelle, Anschlüsse für Maus und Tastatur sowie bei der Version PC4X die 14-polige Diskettenlaufwerkschnittstelle der ST-Serie sind auf dem Mainboard vorhanden, zusätzlich benötigte Schnittstellen müssen nachgerüstet werden. Einige Funktionen des Systems können noch mittels Steckbrücken („Jumper“) konfiguriert werden, der Hauptteil der Konfiguration erfolgt jedoch dank des NEAT-Chipsatzes (siehe weiter unten) in diesem Modell im BIOS.
Einstellungen der Jumper |
Jumper |
Funktion |
Zustand |
JP1 |
(reserviert) |
offen |
JP2 |
(reserviert) |
offen |
JP3 |
(reserviert) |
offen |
JP4 |
(reserviert für CPU/Buscontroller) |
offen |
JP5 |
(reserviert für CPU/Buscontroller) |
offen |
JP6 |
Serielle Schnittstelle 1 (IRQ4) an/aus |
offen: an geschlossen: aus |
JP7 |
Diskettencontroller an/aus |
offen: an geschlossen: aus |
JP8 |
Serielle Schnittstelle 2 (IRQ3) an/aus |
offen: IRQ3 an geschlossen: IRQ3 aus |
JP9 |
Parallele Schnittstelle (IRQ7) an/aus |
offen: IRQ7 an geschlossen: IRQ7 aus |
JP10 |
VGA vorhanden/nicht vorhanden |
offen: VGA vorhanden geschlossen: kein VGA |
JP11 |
Videofrequenz |
1+2: Frequenzgenerator 2+3: VGA-Frequenz 36 MHz (Modus 800×600) |
JP12 |
Bildschirmart |
1+2: ECD-Bildschirm 2+3: Farbe-/Mono-Bildschirm |
Einstellung des Monitortyps |
Schalterstellungen |
Bildschirmtyp |
5 |
4 |
3 |
2 |
1 |
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↑ |
↓ |
↓ |
↑ |
Analoger Anschluss: VGA-Farbmonitor, CGA-Emulation |
↓ |
↓ |
↓ |
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↑ |
Analoger Anschluss: VGA-Mono, Hercules-Emulation |
↓ |
↓ |
↑ |
↑ |
↑ |
Analoger Anschluss: VGA-Farbmonitor |
↑ |
↑ |
↓ |
↓ |
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Analoger Anschluss: VGA-Automatik |
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↓ |
↓ |
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↓ |
Digitaler Anschluss: VGA-Monitor, CGA-Emulation |
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↓ |
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Digitaler Anschluss: VGA-Farbmonitor |
↓ |
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↓ |
↓ |
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Digitaler Anschluss: EGA-Monitor |
↓ |
↑ |
↓ |
↑ |
↓ |
Digitaler Anschluss: VGA-Mono, Hercules-Emulation |
↓ |
↑ |
↓ |
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Digitaler Anschluss: VGA-Mono |
Prozessor und Coprozessor |
Zum Einsatz kommen hier Low-Power-Versionen der AMD N80286-Familie. Der 16-Bit-Prozessor 80286, der 1982 von Intel auf den Markt gebracht wurde, hat 134.000 Transistoren, einen internen 16-Bit-Datenbus, einen externen 16-Bit-Datenbus und einen Multiplexed 24-Bit-Adressbus. Er kann bis zu 16 MB Arbeitsspeicher und bis zu 1 GB virtuellen Speicher unterstützen und beherrscht sowohl den Real- als auch den Protected-Mode. Die hier verwendeten Versionen mit den Taktfrequenzen 8, 10, 12 und 16 MHz sind im PLCC-Gehäuse untergebracht und als High-Performance Metal Oxide Semiconductor (HMOS, Hochleistungs-Metall-Oxid-Halbleiter) in 1,5 µm (= HMOS III) ausgeführt, die Version mit 20 MHz ist eine CMOS-Version (Complementary Metal Oxide Semiconductor, zu deutsch komplementärer Metall-Oxid-Halbleiter). Ein Sockel für einen mathematischen Coprozessor vom Typ Intel 80287 in DIL-Ausführung befindet sich in allen ABC286-Versionen direkt neben dem Prozessor.
Der ABC286 ist mit dem New Enhanced AT (NEAT)-Chipsatz CS8221 des Halbleiterunternehmens Chips & Technologies ausgestattet und besteht aus vier einzelnen Chips:
- • dem Integrated Peripherals Controller (ICP) P82C206
- • dem CPU/Bus-Controller P82C211
- • dem Page/Interleave and Memory Controller P82C212
- • und dem Data/Address Buffer P82C215
Mit diesem Chipsatz ist es möglich, 8 MB Arbeitsspeicher ohne EMS-Karte zu verwenden, außerdem erfolgt die Konfiguration des Systems nicht mehr wie zu dieser Zeit üblich durch das Setzen oder Öffnen von Steckbrücken, sondern per Software direkt im BIOS. Der Chipsatz zeichnet sich neben dem dank Bank-Interleaving hohen Speicherdurchsatz durch ein in seinem Umfang bis dato unbekanntes Upper Memory Block (UMB)-Speichermanagement aus, welches im Gegensatz zur Speicherverwaltung des i386 den Prozessor nicht ausbremste.
Hier gibt es zwischen den PC4LC- und PC4X-Versionen einen gravierenden Unterschied – letztere besitzt statt dem Standard-CGA/EGA-Grafikchip den Paradise Systems PVGA1A-JK Grafikchip, der alle damals gängigen PC-Grafikmodi (MDA, HGC/Hercules, CGA, EGA und VGA) darstellen kann. Von außen erkennt man den Unterschied daran, dass die PC4LC-Version nur einen digitalen Videoausgang hat, die PC4X-Version beide Anschlüsse. Dem System stehen 64 kB Videospeicher zur Verfügung. Der PC4X-Version steht zudem noch ein Video-Digital-Analog-Wandler (Video DAC) vom Typ IMSG171P aus dem Hause Inmos zur Verfügung.
Der ABC286 besitzt keinen Onboard-Arbeitsspeicher, der gesamte Arbeitsspeicher befindet sich auf dreißigpoligen SIPP-Modulen (Single In-Line Pin Package), die im Gegensatz zu ihren gesockelten SIMM-Kollegen recht empfindlich sind. Je nach Version sind vier (PC4LC) oder acht (PC4X) SIPP-Steckplätze vorhanden. Theoretisch sind mit dem NEAT-Chipsatz und dem 80286-Prozessor bis zu 8 MB Arbeitsspeicher ohne EMS-Karte möglich.
Erweiterungsmöglichkeiten |
Je nach Version stehen drei 16-Bit ISA-Steckplätze (PC4LC) oder vier 16-Bit ISA-Steckplätze und ein 8-Bit XT-Steckplatz zur Verfügung. ISA steht für Industry Standard Architecture und war noch bis Anfang der 2000er Jahre weit verbreitet. Der ISA-Slot ist ein zweiteiliger Platinensteckkontakt mit einem Kontaktabstand von 2,54 mm (1/10″), der ISA-Bus wird mit 8,33 MHz getaktet. Die 62-polige längere Steckleiste ist identisch mit dem XT-Bus, wodurch die älteren XT-Steckkarten auch hier verwendet werden können, der 36-polige kürzere Abschnitt liefert die AT-Signale zum Betrieb von 16-Bit-Karten. Der XT-Bus basiert im Wesentlichen auf dem Slotsystem des Apple II und wurde erstmals im IBM PC eingesetzt, er wird mit 4,77 MHz getaktet. Die Anwendung des Steckkartensystems sind nahezu unerschöpflich, am Meisten wurden jedoch Soundkarten, Grafikkarten, Festplattencontroller und Netzwerkkarten eingesetzt.
Im Gehäuse des ABC286 können maximal drei Laufwerke installiert werden, zwei davon im 5¼″-Format, eins im 3½″-Format. Eine gängige Konfiguration ist beispielsweise ein 3½″ 1,44 MB-Diskettenlaufwerk, ein 5½″ 1,2 MB-Diskettenlaufwerk und eine RLL-Festplatte mit 30 oder 60 MB Speicherplatz, verwendet wurden von Atari dabei die Seagate-Modelle ST-238R und ST-277R. Auch mit dem Wechselplattenlaufwerk SyQuest SQ555 (44 MB) wurde das System angeboten. Das BIOS unterstützt sowohl DD- als auch HD-Diskettenlaufwerke. Extern kann bei der PC4X-Version noch ein Diskettenlaufwerk der
SF- oder
PCF-Serie angeschlossen werden, dafür befindet sich auf der Rückseite ganz links die vom ST und PC bekannte 14-polige Rundbuchse. Bei der PC4LC-Version ist dies wegen der nicht vorhandenen Anschlussbuchse nicht möglich. Als Diskettencontroller dient der Intel P82072. Ein Festplattencontroller muss per Steckkarte nachgerüstet werden, bei mit ab Werk mit Festplatte ausgelieferten Computern ist bereits ein Controller der Firma Data Tech Corporation enthalten. Theoretisch sind mit entsprechenden Adapterkarten und Treibersoftware auch CD-ROM-Laufwerke und Kartenleser möglich.
Ab Werk wurde der ABC286 mit dem Betriebssystem MS-DOS in der Version 4.01 ausgeliefert, andere Systeme wurden von Atari nicht angeboten. Möglich ist jedoch auch der Einsatz anderer Systeme wie Novell NetWare, UNIX oder OS/2. Mit entsprechendem Speicherausbau ist auch der Betrieb der grafischen Benutzeroberfläche Microsoft Windows bis Version 3.0 möglich.
Anschlüsse |
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Schnittstellen-Bezeichnung |
Schnittstellen-Typ |
Anschluss für… |
Keyboard |
DIN-Rundbuchse, 5-polig |
Tastatur |
Mouse |
D-Sub-Buchse männl., 9-polig, ohne Schraubbolzen |
Atari Mouse |
Power |
Kaltgerätebuchse, Typ IEC-60320 C14 |
Kaltgerätekabel mit Kupplung IEC-60320 C13 |
Floppy (nur PC4X-Version) |
DIN-Rundbuchse, 14-polig |
externe Diskettenlaufwerke |
Modem |
D-Sub-Buchse männl., 9-polig |
Modems, serielle Geräte |
Printer |
D-Sub-Buchse weibl., 25-polig |
Drucker |
Analog Monitor (nur PC4X-Version) |
D-Sub-Buchse weibl., 15-polig, hohe Dichte |
VGA-Analogmonitore |
Digital Monitor |
D-Sub-Buchse weibl., 9-polig |
Digitalmonitore CGA/EGA/MDA |
Allgemeine Informationen |
Modellnummern |
ABC2868 (PC4LC)
ABC28610 (PC4LC)
ABC28612 (PC4LC)
ABC28616 (PC4X)
ABC28620 (PC4X)
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Handelsbezeichnungen |
ABC286 ABC286/30 ABC286/60 |
Hersteller |
Atari Taiwan Manufacturing Corp.
31 Min-Chu Road
Tamshui, New Taipei City
Republik China |
Factory Code |
A1 |
Erstvorstellung |
03.06.1989 (Summer CES, Chicago) (als ABC286/30)
13.11.1989 (Fall COMDEX '89, Las Vegas) (als PC4-X) |
Im Handel |
16.10.1989 (ABC286/30)
Q1/1990 (ABC16 286/60) |
Einstellung der Produktion |
1991 |
Technische Informationen |
Prozessor |
AMD N80286 |
Systemtakt |
Nach Wahl 8, 10, 12, 16 oder 20 MHz |
Arbeitsspeicher ab Werk (max.) |
1 MB (erweiterbar auf 4 MB (PC4LC) bzw. 8 MB (PC4X)) |
Betriebssystem ab Werk |
MS-DOS |
Grafikmodi |
VGA (nur PC4X), EGA, CGA, MDA/Hercules |
interne Massenspeicher ab Werk |
Diskettenlaufwerk 5,25″ 1,2 MB oder 3,5″ 1,44 MB Festplatte 5,25″ RLL 30 oder 60 MB (optional) |
Abmessungen B×H×T |
37,5 × 15,5 × 41 cm |
Gewicht |
11,5 kg |
Statistisches |
Neupreise |
09/89: £599,99 (2022: £1450) (ABC286)
09/89: £899,99 (2022: £2175) (ABC286/30 + Monochrombildschirm)
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Letzte Bearbeitung: 25. Juli 2024