Bevor der Standard-
PC4 von Atari erschien, wurde in Westeuropa noch eine weitere Version vertrieben, diese ist jedoch im Gegensatz zum Original nicht von Atari entwickelt und gefertigt worden, sondern vom taiwanesischen Hersteller Mitac und basiert auf deren Modell Paragon 286VE. Grund für diese Version war der Umstand, dass der ohnehin schon in Verzug geratene PC4 (der
PC5 war da bereits seit zwei Monaten im Handel) noch immer nicht in ausreichenden Stückzahlen verfügbar war und die Kundschaft dementsprechend unruhig wurde. Um die Nachfrage decken zu könnnen, entschied sich die deutsche Atari-Landesgesellschaft daher zum Zukauf eines OEM-Gerätes für den europäischen Markt. Allzu lange dürfte es diese Version jedoch nicht gegeben haben, es sind nur wenige existierende Geräte bekannt.
Atari PC4 Einzelne Bilder zum Vergrößern anklicken |
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Das Gehäuse wurde aus stabilem verzinktem Stahlblech gefertigt, die Außenseiten sind dabei zusätzlich pulverbeschichtet. An der Front ist eine Blende aus schlagfestem ABS-Kunststoff angebracht, in der sich Aussparungen für Laufwerke, Schalter und LEDs befinden. Im Gehäuse befindet sich neben dem Mainboard Platz für zwei 5¼″- und zwei 3½″-Laufwerke, das Netzteil und maximal sechs Steckkarten. Zum Einbau von Laufwerken an der Front müssen Winkelschienen eingesetzt werden, da die Laufwerke nicht wie üblich seitlich, sondern von vorne mit dem Gehäuse verschraubt werden. Das 3½″-Laufwerk im hinteren Teil wird an der Laufwerks-Unterseite befestigt. Der untere Teil des Gehäuses ist nicht zerlegbar, Laufwerks- und Netzteilkäfig und der Steckkartenhalter sind mit dem Bodenteil verschweißt. Um die hinteren Anschlüsse herum befindet sich eine Metallblende, die mit dem Mainboard und der Gehäuserückseite verschraubt ist.
Wie die originalen Atari PCs auch folgt das Mitac-Mainboard keinem festgelegten Standard, es ist mit 360×340 mm etwas größer als ein Standard-AT-Mainboard (330×305 mm). Auf ihm befinden sich neben aller für den Betrieb wichtigen Chips acht Steckplätze für SIPP-Speichermodule, fünf 16-Bit ISA-Steckplätze und ein 8-Bit XT-Steckplatz. Einige Funktionen des Systems können noch per Steckbrücke eingestellt werden, der Hauptteil der Einstellungen wird aber dank des NEAT-Chipsatzes im BIOS vorgenommen. Nach hinten herausgeführt sind der Anschluss für einen Analogmonitor, zwei serielle Schnittstellen, eine parallele Schnittstelle und die Schalter zur Einstellung des Monitortyps. Vorne rechts befindet sich der Anschluss für den mit der Gehäusefront verschraubten Tastaturadapter. Pfostenstecker zum Anschluss von Diskettenlaufwerken und eines Digitalmonitors befinden sich ebenfalls auf der Hauptplatine, im vorderen Bereich findet man auch die Stiftleisten zum Anschluss von Lautsprecher, LED-Anzeigen, Resettaster, Systemverriegelung und CMOS-Batterie.
Prozessor und Coprozessor: Intel 80286 und 80287 |
Als Hauptprozessor dient der Intel N80286 mit einer Taktfrequenz von 8 MHz, im Turbomodus sind je nach Version 12 oder 16 MHz einstellbar. Der Turbomodus kann über die Tastenkombination
[Ctrl]+[Alt]+[\]
ein- oder ausgeschaltet werden. Der 16-Bit-Prozessor, der 1982 auf den Markt gebracht wurde, hat 134.000 Transistoren, einen internen 16-Bit-Datenbus, einen externen 16-Bit-Datenbus und einen gemultiplexten 24-Bit-Adressbus. Er kann bis zu 16 MB Arbeitsspeicher und bis zu 1 GB virtuellen Speicher unterstützen und beherrscht sowohl den Real- als auch den Protected-Mode. Die hier verwendete Version ist im 68-poligen PLCC-Gehäuse untergebracht und als N-Type Metal Oxide Semiconductor (NMOS) in 1,5 µm ausgeführt. Ein Sockel für einen mathematischen Coprozessor vom Typ Intel 80287 in DIL-Ausführung befindet sich direkt neben dem Prozessor.
Der New Enhanced AT (NEAT)-Chipsatz CS8221 des Halbleiterunternehmens Chips & Technologies kommt hier zum Einsatz, er besteht aus den vier Chips:
- • P82C206 (Integrated Peripherals Controller)
- • P82C211 (CPU/Bus Controller)
- • P82C812 (Page/Interleave and Memory Controller)
- • P82C815 (Data/Address Buffer)
Mit diesem Chipsatz ist es möglich, maximal 8 MB Arbeitsspeicher ohne EMS-Karte zu verwenden, außerdem erfolgt die Konfiguration des Systems nicht mehr wie zu dieser Zeit noch üblich durch das Setzen oder Öffnen von Steckbrücken auf der Hauptplatine, sondern per Software direkt im BIOS. Der Chipsatz zeichnet sich neben dem dank Bank-Interleaving hohen Soeicherdurchsatz durch ein in seinem Umfang bis dazo unbekanntes Upper Memory Block (UMB) Speichermanagement aus.
(Bilder des bis auf die Taktfrequenz identischen Chipsatzes aus einem ABC286/60)
Als Floppycontroller kommt hier der WD37P65 aus dem Hause Western Digital zum Einsatz, der Peripheral Interface Controller ist ein Intel P8242. Zudem befinden sich zwei Universal Asynchronous Receiver Transmitter-Chips (UART) vom Typ National Semiconductor NS16450N auf der Platine, die zur Ansteuerung der beiden seriellen Schnittstellen dienen.
P8242, NS16450N und WD37P65
Wie der originale PC4 auch setzt die Mitac-Version ebenfalls auf den Paradise Systems PVGA1A-Grafikchip, der alle damals gängigen Signale (MDA, Hercules, CGA, EGA und VGA) verarbeiten kann. Dem System stehen 64 kB Video-Arbeitsspeicher, ein Video BIOS und ein Video Digital-Analog-Wandler (DAC) zur Verfügung. Eine Schnittstelle für analoge VGA-Monitore ist fest auf der Hauptplatine integriert, zum optionalen Anschluss einer Digitalmonitor-Schnittstelle befindet sich eine zehnpolige Stiftleiste auf dem Mainboard.
Einstellung des Monitortyps |
Schalterstellungen |
Monitortyp |
1 |
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3 |
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6 |
Schnittstelle: Video Analog |
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VGA-Automatik |
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↓ |
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– |
VGA-analog Farbe |
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↓ |
↓ |
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– |
VGA-analog mono mit MDA-Emulation |
↓ |
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↓ |
↓ |
↑ |
– |
VGA-analog Farbe mit CGA-Emulation |
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Schnittstelle: Video Digital (falls vorhanden) |
↓ |
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↓ |
↓ |
– |
VGA-digital Farbe mit CGA-Emulation |
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↓ |
↓ |
– |
VGA-digital Farbe |
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↓ |
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– |
VGA-digital Farbe mit EGA-Emulation |
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↓ |
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↓ |
– |
VGA-digital mono mit MDA-Emulation |
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↑ |
↓ |
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↓ |
– |
VGA-digital mono |
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Wie bei allen IBM-kompatiblen Computern dieser Zeit ist die Audiohardware nur rudimentär ausgebildet. Lediglich ein kleiner 56 mm-Lautsprecher mit einer Leistung von 0,25 W und einer Impedanz von 8Ω steht zur Verfügung. Bessere Audiohardware kann aber über das ISA-System nachgerüstet werden.
Ausgeliefert wurde der PC4 mit 512 kB Arbeitsspeicher, es werden bis zu acht Speichermodule im dreißigpoligen SIPP-Format (Single In-Line Pin Package) unterstützt, die mit ihren dünnen Beinchen beim Ein- und Ausbau allerdings sehr empfindlich sind, im Gegensatz zu ihren oft bis auf den Anschluss baugleichen SIMM-Kollegen. Maximal 8 MB Arbeitsspeicher können ohne EMS-Karte direkt eingesetzt werden.
Erweiterungsmöglichkeiten |
Es stehen fünf 16-Bit ISA-Steckplätze sowie ein 8-Bit XT-Steckplatz zur Verfügung. ISA steht für Industry Standard Architecture und war noch bis Anfang der 2000er Jahre weit verbreitet. Der ISA-Slot ist ein zweiteiliger Platinensteckkontakt mit einem Kontaktabstand von 2,54 mm (
1/
10″), der ISA-Bus wird mit 8,33 MHz getaktet. Die 62-polige längere Steckleiste ist dabei baugleich zum XT-Bus, so dass die älteren XT-Steckkarten hier weiterverwendet werden können. Der kürzere, 36-polige Abschnitt liefert die AT-Signale zum Betrieb der 16-Bit-Steckkarten. Der XT-Bus wiederum basiert auf dem Steckkartensystem des Apple II und wird mit 4,77 MHz getaktet. Die Anwendung des Steckkartensystems umfasst vor allem Soundkarten, Grafikkarten, Netzwerkkarten und Festplattencontroller, jedoch sind die Fähigkeiten eigentlich recht unbegrenzt.
Im Gehäuse des Mitac-PC4 können maximal vier Laufwerke installiert werden, zwei davon im 5¼″- und zwei im 3½″-Format. Allerdings ist noch ein Y-Adapter für die Stromversorgung notwendig, da das Netzteil nur drei Stromkabel bereitstellt. Das BIOS unterstützt sowohl DD- als auch HD-Diskettenlaufwerke. Theoretisch sind mit entsprechenden Adapterkarten auch andere Laufwerke denkbar, beispielsweise CD-ROM, Kartenleser oder Wechselplattensysteme. Der Anschluss von externen Diskettenlaufwerken aus Ataris
SF- und
PCF-Serien ist dagegen bei diesem Modell mangels Anschlussmöglichkeit nicht möglich. Vom Werk aus sind bereits ein 5¼″-HD-Diskettenlaufwerk mit einer Speicherkapazität von 1,2 MB und ein Festplattencontroller vom Typ Western Digital WD1003-WA2 verbaut, der zwei MFM-Festplatten mit ST506/412-Schnittstelle und zwei Diskettenlaufwerke (DD und HD) unterstützt. Über drei Steckbrücken können Portadresse der Festplatte, Portadresse des Diskettenlaufwerks und die Leerlaufdrehzahl des Diskettenlaufwerks gewählt werden, auch ein Anschluss für die Aktivitätsanzeige der Festplatte ist vorhanden.
Basic Input/Output System (BIOS) |
Als BIOS kommt hier das Phoenix Technologies BIOS in der Version 3.07 zum Einsatz. In diesem werden alle grundlegenden Einstellungen vorgenommen, die der PC benötigt, um überhaupt laufen zu können. Es führt beim Start des Systems zudem einen Selbsstest der Grundfunktionen und die Initialisierung der Hardware durch.
Ab Werk wurde der PC4 mit dem Betriebssystem MS-DOS in der Version 3.30A ausgeliefert, andere Systeme wurden von Atari nicht angeboten. Möglich ist jedoch auch der Einsatz anderer Systeme wie Novell NetWare, UNIX oder OS/2. Mit entsprechendem Speicherausbau ist auch der Betrieb der grafischen Benutzeroberfläche Microsoft Windows bis Version 3.0 möglich.
Anschlüsse |
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Schnittstellen-Bezeichnung |
Schnittstellen-Typ |
Anschluss für… |
Keyboard |
DIN-Rundbuchse, 5-polig |
Tastatur |
Power |
Kaltgerätebuchse, Typ IEC-60320 C14 |
Kaltgerätekabel mit Kupplung IEC-60320 C13 |
IEC Out |
Kaltgerätebuchse, Typ IEC-60320 C13 |
Kaltgerätekabel mit Stecker IEC-60320 C14 |
Printer |
D-Sub-Buchse weibl., 25-polig |
Drucker |
RS232C #1 |
D-Sub-Buchse männl., 9-polig |
Modems, serielle Geräte |
RS232C #2 |
D-Sub-Buchse männl., 9-polig |
Modems, serielle Geräte |
Video Analog |
D-Sub-Buchse weibl., 15-polig, hohe Dichte |
VGA-Analogmonitore |
Einstellmöglichkeiten auf der Hauptplatine via Jumper |
Jumper |
gebrückte Pins |
Definition (fett: Standardkonfiguration) |
JP1 |
1+2 2+3 |
Serielle Schnittstelle 2: IRQ4 Serielle Schnittstelle 2: IRQ3 |
JP2 |
1+2 2+3 |
Serielle Schnittstelle 1: IRQ4 Serielle Schnittstelle 1: IRQ3 |
JP3 |
offen |
(reserviert) |
JP4 |
1+2 2+3 |
27128 EPROM 27256 EPROM |
JP5 |
1+2 2+3 |
12 bzw. 16 MHz Taktfrequenz 8 MHz Taktfrequenz |
JP6 |
1+2 2+3 |
Auto-Reset Normal |
JP7 |
1+2 2+3 |
Festplattencontroller außer Betrieb Festplattencontroller in Betrieb |
JP8 |
offen |
(reserviert) |
JP10 |
offen |
(reserviert) |
JP11 |
1+2 2+3 |
FDC-Schnittstelle 372–377 FDC-Schnittstelle 3f2–3f7 |
JP12 |
1+2 2+3 |
16-Bit VGA ROM 8-Bit VGA ROM |
JP13 |
offen |
(reserviert) |
JP14 |
1+2 2+3 offen |
Serielle Schnittstelle 2: 2F8–2FF Serielle Schnittstelle 2: 3F8–3FF Serielle Schnittstelle 2 außer Betrieb |
JP15 |
1+2 2+3 offen |
Serielle Schnittstelle 1: 2F8–2FF Serielle Schnittstelle 2: 3F8–3FF Serielle Schnittstelle 1 außer Betrieb |
JP16 |
1+2 2+3 offen |
Parallele Schnittstelle: –27X Parallele Schnittstelle –37X Parallele Schnittstelle außer Betrieb |
JP17 |
1+2 2+3 |
Frequenzgenerator 36 MHZ Generator (Modus 800×600) |
JP18 |
1+2 offen (2-Pin) bzw. 2+3 (3-Pin) |
VGA außer Betrieb VGA in Betrieb VGA in Betrieb |
JP19 |
1+2 2+3 |
Parallelschnittstelle: –IRQ7 Parallelschnittstelle: –IRQ5 |
JP20 |
1+2 2+3 |
ECD-Bildschirm Farb-/Mono-Bildschirm |
Anschlüsse auf der Hauptplatine |
Bezeichnung |
für |
J1 – J12 |
I/O-Steckplätze (J1–J6: XT, J7: unbelegt, J8–J12: ISA) |
J13 |
VGA Digital O/P |
J14 |
VGA Analog O/P |
J15 |
Serielle Schnittstelle 1 |
J16 |
Serielle Schnittstelle 2 |
J17 |
Parallele Schnittstelle |
J18 |
Reset-Taster |
J19 |
Lautsprecher |
J20 |
Tastaturverriegelung (Schlüsselschalter) |
J21 |
CMOS-Batterie (3,6V Lithium-Block) |
J22 |
Tastaturanschluss |
J23 |
Turbo-Taster (beim PC4 nicht vorhanden) |
J24 |
interne Diskettenlaufwerke |
J25 |
VGA-Features |
U50–U57 |
SIPP-Steckplätze |
Allgemeine Informationen |
Modell |
PC4 |
Hersteller |
MITAC
Republik China |
Factory Code |
M0 |
Vertrieb |
Atari Computer GmbH
Frankfurter Str. 89–91
6096 Raunheim
Bundesrepublik Deutschland
|
Im Handel |
22.11.1988 |
Produktion eingestellt |
05/1989 |
Technische Informationen |
Prozessor |
Intel N80286 |
Systemtakt |
8 MHz, Turbo-Modus 12 oder 16 MHz |
Arbeitsspeicher ab Werk (max.) |
1 MB (8 MB) |
Betriebssystem ab Werk |
MS-DOS 3.30A |
Grafikmodi |
VGA, EGA, CGA, MDA/Hercules |
interne Massenspeicher ab Werk |
Diskettenlaufwerk 5,25″ 1,2 MB Festplatte optional |
Statistisches |
Neupreise |
11/88: £1599,99 (2022: £3971) (PC4)
11/88: £1699,99 (2022: £4219) (PC4 + PCM124)
11/88: £1899,99 (2022: £4716) (PC4 + EGA-Bildschirm)
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Letzte Bearbeitung: 14. Juli 2024