TOS (kurz für
The Operating System,
nicht für
Tramiel Operating System) ist das Betriebssystem der Atari ST-Serie und deren Nachfolger und neben dem
System des Apple Macintosh (später Mac OS) und dem Lisa OS das dritte kommerziell vermarktete grafische Betriebssystem. Ursprünglich war geplant, das System auf dem Kernel des Betriebssystems CP/M (Control Program for Microprocessors) von Digital Research aufzubauen (der auf der Winter CES 1985 vorgestellte Atari 520ST hatte ein solches CP/M-TOS), ab Februar 1985 wurde der Fokus jedoch auf das neuere System GEMDOS aus dem gleichen Softwarehaus gelegt. Innerhalb von nur vier Monaten war das System soweit fertig, dass die Computer damit betrieben werden konnten, einige Kinderkrankheiten hatte das System allerdings noch, weshalb es noch nicht fest in die Computer integriert wurde, sondern von Diskette nachgeladen werden musste. Erst ab Februar 1986 war TOS dann soweit, dass man es auf Chips gebrannt fest im Rechner integrieren konnte. Im Laufe der Jahre kamen stetig Verbesserungen hinzu, teils gewonnen durch neue Erkenntnisse oder Rückmeldungen von Benutzern, teils der sich stetig weiterentwickelnden Hardware geschuldet. Gearbeitet wurde an TOS bis etwa Mitte 1994, wobei die Entwicklungsunterlagen des Systems schon ab Anfang 1992 der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurden, um andere Entwicklungen nicht zu behindern. Im selben Jahr wurde das Multitasking-Betriebssystem MultiTOS erstmals vorgestellt, das statt auf GEMDOS auf dem Kernel des an Unix angelehnten alternativen Betriebssystems MiNT aufbaut und auf Atari-kompatiblen Computern mit dem 68030-Prozessor und höher laufen können sollte. Ab 1993 wurde das System zusammen mit dem
FALCON030 ausgeliefert.
Aufbau des Betriebssystems |
TOS gliedert sich in zwei Systemebenen mit jeweiligen Unterebenen, diese sind das DOS (Disk Operating System) mit den drei Ebenen BIOS, XBIOS und GEMDOS sowie GEM mit den beiden Ebenen VDI und AES.
Das
Basic
Input/
Output
System ist die unterste Ebene des gesamten Systems und im Wesentlichen für die Hardware zuständig. Es legt die Grundlage für den Betrieb eines CP/M-ähnlichen Systems und verfügt daher über grundlegende Funktionen zum Lesen und Schreiben von Sektoren, der Zeichen-Ein- und Ausgabe sowie der Verwaltung von Speicher und Zeitgebern. BIOS ist innerhalb von TOS komplett von GEMDOS gekapselt.
XBIOS arbeitet ähnlich wie das BIOS sehr hardwarenah, aber komplett außerhalb von GEMDOS. Es bedient die Hardware, die von GEMDOS und BIOS nicht genutzt wird, darunter die Klangerzeugung, die Tastaturverwaltung, die Maus und wesentliche Teile der Grafikausgabe.
Dieser Teil des Betriebssystems ist den Systemen MS-DOS und DR-DOS sehr ähnlich und entstammt wie diese auch zum Teil aus CP/M. GEMDOS kümmert sich um die Speicherverwaltung, Dateiverarbeitung mit hierarchischem Dateisystem, die grundlegende Verwaltung von Prozessen und die Konsolen-Ein- und Ausgaben. Größter Nachteil in den späteren Jahren ist die fehlende Multitaskingfähigkeit von GEMDOS, weshalb es für MultiTOS durch MiNT ersetzt wurde. Durch die Verwandtschaft von GEMDOS mit MS-DOS ergibt sich auch ein zu letzterem kompatibles Diskettenformat, wobei eine volle Kompatibilität erst ab TOS-Version 1.04 gegeben ist. DOS-formatierte Disketten sind jederzeit unter TOS nutzbar, TOS-formatierte erst ab 1.04 unter MS-DOS, da in den Versionen 1.00 und 1.02 einige Dateien anders geschrieben werden.
Das
Virtual
Device
Interface von GEM stellt die Grundlage zum Betrieb einer grafischen Benutzeroberfläche. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Bildschirmausgabe. Das VDI besteht im Prinzip aus einer Reihe von Gerätetreibern, dem GDOS (
Graphical
Device
Operating
System) und einem Funktionskatalog zum Zeichnen von Objekten wie beispielsweise Linien, Kreise, Rechtecke etc.
Die AES (
Application
Environment
Services) stellt eine Funktionsbibliothek für Programme zur Verfügung. Ihnen obliegen die Programmverwaltung, Ereignisverwaltung, Fenster- und Menüverwaltung, Dialogboxen und Dateiauswahlboxen. Die AES unterstützen ein sehr einfach gehaltenes Multitasking – es kann zwar nur ein Hauptprogramm betrieben werden, daneben aber mehrere kleine Hilfsprogramme (die sogenannten Accessories).
Im Laufe der Jahre wurde das Betriebssystem der ST-Serie immer wieder angepasst und verbessert. Als Benutzeroberfläche kommt bei allen Versionen
der
Graphics Environment Manager, kurz
GEM von Digital Research zum Einsatz. Entwickelt wurde GEM übrigens auf den von Digital Research aufgekauften
Rechnern der 1984 geschlossenen Atari-Tochter Cyan Engineering. Hier die TOS-Versionen im Überblick:
20.06.1985 (RAM-TOS / „Mushroom-TOS“)
20.11.1985 (RAM-TOS)
06.02.1986 (ROM-TOS)
Erschien mit der ST-Serie. Frühe Rechner der ST-Serie hatten dieses Betriebssystem noch auf Diskette statt fest im ROM. Da dieses dann in den Arbeitsspeicher
nachgeladen werden musste, fehlten die 192 kB dann letztlich den anderen Programmen. Als die gröbsten Kinderkrankheiten beseitigt waren, wurde TOS auf ROM gebrannt und fest in die ST-Serie eingebaut (mit Ausnahme des Ur-520ST und des 260ST). Zu finden ist TOS 1.00 hauptsächlich in den Rechnern
260ST, 520ST, 520STM und
520ST+ sowie frühen Exemplaren der Modelle
1040STF, 520STF und
520STFM.
Kurios: Statt Bomben zeigt das TOS 1.00 von Juni 1985 kleine Atompilze
bei schwerwiegenden Fehlern an.
22.04.1987
Genannt
Blitter-TOS. Die anfangs nur sehr rudimentär vorhandene Unterstützung von Festplatten wurde verbessert und das System um
Routinen zur Verwaltung des Blitters, dem Grafik-Coprozessor, erweitert. TOS 1.02 ist die am weitesten verbreitete Version und kam in den Modellen
520STF, 520STFM, 1040STF, 1040STFM und
Mega ST zum Einsatz.
18.05.1988 (Beta)
08.08.1988 (Developer)
22.02.1989
06.04.1989
Genannt
Rainbow-TOS. „Rainbow-TOS“ deshalb, weil das Atari-Logo in der Infobox, die man im
DESK
-Menü aufrufen
kann, auf Farbbildschirmen wie ein Regenbogen schimmert. Updates beinhalten unter anderem eine Verbesserung der Dateiauswahlbox, die Möglichkeit, Dateien zu verschieben
sowie die Beschleunigung der Grafikroutinen. Die Version ist in den Modellen
1040STFM,
Mega ST und
Stacy zu finden.
19.06.1989
Die Version entspricht weitgehend der Version 1.04, ist jedoch um die zusätzlichen Möglichkeiten der STE-Serie erweitert. Dies betrifft die Audio-Ausgabe über den Stereo-Ausgang und die auf 4096 Töne erweiterte Farbpalette. Zu finden ist die Version in den Modellen
520STE und
1040STE.
11.01.1990
Der Fehler, dass der Rechner bei angeschlossenem Farbbildschirm grundsätzlich in der niedrigsten Auflösung gestartet wurde, gleich welche Einstellung der Benutzer zuvor in der
DESKTOP.INF
abgespeichert hatte, wurde behoben. Zu finden in
520STE und
1040STE.
23.05.1989 (TOS 3.00)
01.03.1990 (TOS 3.00)
09.08.1990 (TOS 3.01)
29.08.1990 (TOS 3.01)
05.12.1990 (TOS 3.05)
24.09.1991 (TOS 3.06)
Ein kurioser Sprung in der Versionsnummer, der auch dazu führte, dass TOS 2 erst nach TOS 3 erschien. Dieser rührt daher, dass der
TT030 mit
TOS030 ausgeliefert werden sollte, diese Version wurde aber dann in TOS 3 umbenannt. Erstmals können Verknüpfungen und Dateien auf dem Desktop abgelegt werden. Vor allem wurde TOS 3, basierend auf TOS 1.06, um die Routinen und Möglichkeiten des TT erweitert. Zu finden ist TOS 3 bei Atari ausschließlich im TT030, daneben in den Atari-Kompatiblen Rechnern GE Soft Eagle 030, Medusa T40 und der Hades-Serie.
05.12.1990 (TOS 2.05)
14.11.1991 (TOS 2.06)
10.03.1992 (TOS 2.06, ST Book)
Auch der
Mega STE erhielt die Updates, die der
TT030 im Jahr zuvor erhalten hatte. Da Version 2.05 aber ausschließlich dem Mega STE vorbehalten war, die Atari-User diesen Umstand aber nicht akzeptieren wollten, wurde Version 2.06 entwickelt, die auch in älteren ST-Rechnern funktioniert, bei
1040ST,
Mega ST und
Stacy aber nur mit Hilfe von Adapterplatinen, die ausschließlich von Drittanbietern hergestellt wurden. Zugleich wurde unter 2.06 auch die Benutzung von HD-Disketten ermöglicht, was zumindest am Anfang aber auch ein Upgrade des Floppycontrollers und des Diskettenlaufwerks nötig machte. Werksseitig ist TOS 2 in den Rechnern Mega STE, in einer leicht angepassten Version im
ST Book sowie angeblich in sehr spät gefertigten Exemplaren des
1040STE zu finden.
Vorläufer von TOS 4, diese Version ist ausschließlich im Prototyp
FX-1, der Vorstufe des
Falcon 030, zu finden.
Ausschließlich im
ST Pad zu finden und speziell auf dieses Gerät zugeschnitten. Das Betriebssystem-ROM enthält in diesem Fall auch das
Übertragungsprogramm
ST Trans.
21.10.1992 (TOS 4.01)
26.01.1993 (TOS 4.02)
08.03.1993 (TOS 4.04)
Erschien mit dem
Falcon 030 und enthielt wesentliche Upgrades, auch in Sachen Bedienerkomfort und Aussehen, dazu zählen auch Untermenüs, farbige Icons, 3D-Look und Pop-Ups. Die letzte offizielle TOS-Version ist 4.04, die letzte offizielle Beta ist das mit MiNT im
AUTO
-Ordner multitaskingfähige TOS 4.92, dessen Entwicklung mit Ataris Ausstieg aus dem Computermarkt im Jahr 1994 abrupt endete.
Multitasking-Betriebssysteme wurden in den 1990er Jahren immer wichtiger und lösten die Single-Tasking-Systeme nach und nach ab. Zwar boten die AES des TOS schon seit 1985 ein rudimentäres Multitasking an, dieses bestand aber daraus, dass nur ein Hauptprogramm betrieben werden konnte, daneben aber auch einige kleine Helferlein (die sogenannten Accessories). Dabei handelte es sich aber eher um Programme wie Taschenrechner, Kontrollfelder, Terminal-Emulatoren etc. Das führte dazu, dass sich bald eine Reihe alternativer Betriebssysteme etablierte, die echtes Multitasking boten, darunter beispielsweise Mag!X, das später zu MagiC wurde. 1992 schloss Atari dann auf und stellte MultiTOS vor, das nicht auf dem klassischen TOS aufbaute, sondern auf Eric Smiths Unix-nahem alternativen Betriebssystem MiNT (
MiNT
is
Not
TOS, nach der Anstellung Smiths bei Atari dann
MiNT
is
Now
TOS). Dadurch, dass es nicht auf dem alten TOS basiert, bringt es logischerweise auch ein paar Inkompatibilitäten mit sich. MultiTOS besteht aus dem eben schon erwähnten MiNT sowie der Benutzeroberfläche MultiAES, die der Oberfläche von TOS 4 der Falcon-Computer sehr ähnlich ist und bietet präemptives Multitasking und Speicherschutz. MultiTOS wird ab Januar 1993 zusammen mit den ersten Falcon-Conputern ausgeliefert. Eine geplante Aktualisierung des MultiAES auf Version 4.1 wurde nicht mehr verwirklicht.
Verschiedene Clones machten auch diverse Anpassungen nötig, daneben wurden auch einige TOS-Versionen gepatcht. So existieren neben dem offiziellen TOS:
Milan-TOS (4.06, 4.07 und 4.08; zwischen 1998 und 2003)
TOS 2.95 (TOS2Win, 1996)
TOS 1.7
Super TOS 2.06
FireTOS (Firebee, CT60)
EmuTOS
TOS 2.16 (Falcon-TOS für STE-Computer, befindet sich in der Entwicklung)
TOS 7.0 (angepasste Version für CENTurbo II).
Letzte Seitenbearbeitung: 16. Juni 2024