Der 65XE durchlief mit den Bezeichnungen
Atari XL und
Atari 900XLF zwar mehrere Entwurfs- und Entwicklungsstadien, trotzdem wurde der Nachfolger des
800XL innerhalb von nur vier Monaten fertiggestellt und zwei Monate später in den Handel gebracht. Von technischer Seite betrachtet ist der 65XE bis auf das geänderte Parallel Bus Interface (bei frühen Versionen des Rechners gar nicht vorhanden, bei späteren Versionen als 14-poliger ECI-Port wieder enthalten) identisch zum 800XLF, das Design des Gehäuses wurde von Industriedesigner Ira Velinsky an das der
ST-Serie angelehnt. Außerhalb der Vereinigten Staaten kam der 65XE im März 1985 in den Handel, in den USA reichte der Vorrat an produzierten 800XL-Geräten noch bis März 1986.
1987 wurde der 65XE einer Überarbeitung unterzogen. Die bisher separat produzierte Platine wurde eingestampft, aus Kostengründen wurde nun die Hauptplatine des
130XE genutzt und lediglich mit nur 64 kB Arbeitsspeicher bestückt. Auf dem mittel- und osteuropäischen Markt wurde diese Version als
800XE im März 1987 vorgestellt und später im Jahr dann auch vertrieben – angeblich musste aus markenschutzrechtlicen Gründen hier eine Umbenennung erfolgen. Anderen Quellen zufolge war die Namengebung eher darauf zurückzuführen, dass im Winter 1986/87 die restlichen alten 800XL-Bestände abverkauft wurden und daher der 65XE unter der Bezeichnung 800XE als Nachfolger präsentiert wurde. Insbesondere im sozialistisch geprägten Ostblock erfreute sich der 800XE außerordentlich großer Beliebtheit, in Polen wurde der Rechner zusammen mit dem dort ebenfalls noch vertriebenen 800XL noch vor dem Sinclair ZX Spectrum zum Marktführer, auch in der DDR und der Tschechoslowakei verkauften sich XL und XE erfreulich gut. Im nahen Osten kam mit dem intern
65XEN genannten Modell eine speziell auf den arabischen Markt angepasste Version auf den Markt. Später erfolgte abermals eine kleine Überarbeitung von 65XE / 800XE, die bisher verwendeten acht 64kBit-Speicherchips wurden gegen zwei 256kBit-Chips getauscht.
Die Entwicklung neuer XE-Produkte wurde im Frühjahr 1989 eingestellt. Bis Sommer 1991 lief die Produktion bei ATMC in Taiwan, dann bis Jahresende 1992 in China, der Vertrieb lief noch bis 1993. Vereinzelt haben 1992 in China produzierte 800XE-Modelle Qualitätsprobleme mit dem GTIA-Chip.
Ausgehend von den Entwicklungsstufen kann man sieben Modelle des 65XE unterscheiden:
65XE NTSC early |
ohne ECI-Port, mit Kanalwahlschalter |
1985–1987 |
65XE NTSC late |
mit ECI-Port und Kanalwahlschalter |
1987–1989 |
65XE PAL early |
ohne ECI-Port und Kanalwahlschalter |
1985–1987 |
65XE PAL late |
mit ECI-Port, ohne Kanalwahlschalter |
1987–1993 |
65XE SECAM |
mit ECI-Port und Farbumschalter, ohne TV-Anschluss |
1987–1991 |
65XE نجم ("Najm") |
entspr. PAL late, mit arabischem Betriebssystem |
1987–1991 |
800XE |
entspr. PAL late |
1987–1993 |
Detaillierte Modellunterschiede |
Modell
Merkmal |
65XE NTSC 1985 |
65XE NTSC 1987 |
65XE PAL 1985 |
65XE PAL 1987 |
65XE PAL 1989 |
65XE SECAM 1987 |
65XEN "Najm" 1987 |
800XE PAL 1987 |
ANTIC-Version |
E (C021697) |
E (C021697) |
B (C021698) |
B (C021698) |
B (C021698) |
B (C021698) |
B (C021698) |
B (C021698) |
GTIA-Version |
C014805 |
C014805 |
C014889 |
C014889 |
C014889 |
C020120 |
C014889 |
C014889 |
Betriebssystem |
XL OS Rev. 2 |
XL OS Rev. 3 |
XL OS Rev. 2 |
XL OS Rev. 2 |
XL OS Rev. 3 |
XL OS Rev. 2 |
XL OS Rev. 3B |
XL OS Rev. 3 |
ECI-Port |
✘ |
✔ |
✘ |
✔ |
✔ |
✔ |
✔ |
✔ |
Kanalwahl |
✔ |
✔ |
✘ |
✘ |
✘ |
✘ |
✔ (ohne Funktion) |
✘ |
TV-Anschluss |
Cinch |
Cinch |
Cinch |
Cinch |
Cinch |
✘ |
Cinch |
Cinch |
Monitoranschluss |
DIN-5 |
DIN-5 |
DIN-5 |
DIN-5 |
DIN-5 |
DIN-6 |
DIN-5 |
DIN-5 |
Farbumschalter |
✘ |
✘ |
✘ |
✘ |
✘ |
✔ |
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Atari 65XE / 800XE Einzelne Bilder zum Vergrößern anklicken |
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Gegenüber der
XL-Serie wurden die Mainboards der XE-Serie nicht grundlegend neu gestaltet, sondern lediglich an das neue Gehäuse angepasst. Die Einteilung der rückseitigen Schnittstellen stimmt mit der des
800XL überein, lediglich der Modulschacht kommt zusätzlich auf der Rückseite heraus anstelle an der oberen Gehäuseseite. Grundsätzlich können drei Generationen unterschieden werden, wovon die erste Generation schon von außen am fehlenden ECI-Port und den etwas weiter auseinanderliegenden Schnittstellen rechts des Modulschachts zu erkennen ist. Der Unterschied zwischen der zweiten und dritten Generation liegt in den verwendeten Speicherchips – wurden vorher 8 64kBit-Chips verwendet, hat die dritte Generation nur noch zwei 256kBit-Chips.
Zum Einsatz kommt eine Modifikation des weit verbreiteten 6502 von MOS Technologies unter dem Namen
SALLY (Atari-Teilenummer C014806, manchmal fälschlicherweise – auch von Atari selbst – als 6502C bezeichnet). Der Prozessor kann auf einen Adressraum von 65536 Bytes zugreifen. Der Systemtakt beträgt 1,79 MHz bei NTSC-Versionen und 1,77 MHz bei PAL-Versionen. Der 1975 eingeführte 6502 ist ein 8-Bit-Mikroprozessor mit 3510 Transistoren und einem 56 Befehle umfassenden Befehlssatz, der Adressbus hat eine Breite von 16 Bit. Verbaut ist er in einem 40-poligen DIP-Gehäuse (
Dual In-line Package). Der Unterschied von SALLY zum Standard-6502 liegt vor allem am an Pin 35 angebrachten HALT-Signal, wodurch Atari vier Chips einsparen konnte, ANTIC und GTIA können somit den Prozessor direkt ohne Umwege zum Anhalten zwingen. An Pin 36 liegt ein Lese- und Schreibsignal (R/W) an. Beide Pins sind beim Standard-6502 nicht belegt.
Alpha-Numeric Television Interface Controller (ANTIC)
Der 40-polige Alpha-Numeric Television Interface Controller (Teilenummer C012296) ist der primäre 2D-Grafik-Coprozessor der 8-Bitter von Atari. Er wurde ab Januar 1977 auf Basis des TIA des
Video Computer Systems entwickelt, im August 1977 konnte ein erster handverdrahteter Prototyp präsentiert werden, um den herum dann die
Atari Heimcomputer entstanden. Mitgearbeitet haben Joe Decuir, Francois Michel und Steve Smith unter der Federführung von Jay Miner. ANTIC kümmert sich um die Erzeugung der Grafiken, die an den GTIA-Chip geliefert und von diesem eingefärbt werden. Dabei kann er per DMA auf den gesamten Arbeitsspeicher-Bereich zugreifen – während dieser Zugriffe wird übrigens der Hauptprozessor angehalten. Benutzer oder Computer hinterlegen eine sogenannte "Display List" im Arbeitsspeicher, ANTIC wertet diese dann aus und erstellt daraus dann den Bildinhalt. Bei Erreichen oder Verlassen bestimmter Bildschirmpositionen kann ANTIC Unterprogramme ausführen (Display List Interrupt), wodurch zeilenabhängige Manipulationen der Bildschirmanzeige vorgenommen werden können (beispielsweise das ändern der Farbe). ANTIC unterstützt das Scrolling.
Graphics Television Interface Adapter (GTIA)
Der 40-polige Graphics Television Interface Adapter (NTSC: C014805, PAL: C014889, SECAM: C020120) erschien 1982 als Weiterentwicklung des CTIA und kümmert sich vorwiegend um die Ergänzung der vom ANTIC bereitgestellten Bilddaten. Diese werden in das Hintergrundbild kopiert und einer Kollisionsprüfung unterzogen – eine Methode, die zur vereinfachten Erstellung von Spielen mit interaktiven Objekten und schnellem Spielgeschehen dient. Vom GTIA aus gehen die Bilddaten dann an den HF-Modulator bzw. an die Monitorschnittstelle. Die Farbpalette des GTIA beträgt 16 Farben in jeweils 16 Helligkeitsstufen, was 256 Farbschattierungen entspricht. Der GTIA kümmert sich zudem um die Abfrage der Controllerports und einiger Tasten.
Potentiometer and Keyboard Integrated Circuit (POKEY)
Der 40-polige Potentiometer and Keyboard Integrated Circuit (C012294) ist in erster Linie ein Soundchip, kümmert sichaber auch um die Abfrage der Tastatur und den Betrieb der SIO-Schnittstelle. Er verfügt über vier Tonkanäle mit jeweils einer Rechteckschwigung mit frei einstellbarer Hüllkurve und Frequenz. Einzelne Tonkanäle können paarweise zusammengeschaltet werden. In Zusammenarbeit mit dem Prozessor kann POKEY auch digitalisierte Samples abspielen, die dazu benötigte Rechenleistung des Prozessors ist allerdings recht hoch, weswegen von beispielsweise Sprachausgabe nur sehr selten Gebrauch gemacht wurde. POKEY stellt die verarbeiteten Daten anschließend an den HF-Modulator bzw. die Monitorschnittstelle bereit. Neben den 8-Bit-Computern und der Konsole
5200 findet sich POKEY auch in einigen Atari Arcadespielen sowie in zwei Videospielmodulen für die Konsole
7800 wieder.
FREDDIE
Der 40-polige Multiplexer-Chip FREDDIE (Atari-Teilenummer C061991) war ursprünglich zum Einsatz in den professionellen Modellen
1400XL und
1450XLD vorgesehen, wurde – da bereits fertig und auf Lager – ab Sommer 1984 dann aber im 800XL sowie den Modellen der XE-Serie integriert. FREDDIE ermöglicht es dank Bankswitching, mehrere Speicherbänke anzusprechen, wodurch auch mehr als die vom 6502 ansprechbaren 64 kB Arbeitsspeicher möglich sind, da FREDDIE immer nur die eine benötigte Bank für den Prozessor einblendet. Außerdem ließen sich dank FREDDIE einige Logikschaltungen auf dem Mainboard streichen, was zusätzliche Kostenersparnis in der Herstellung bedeutete.
Memory Management Unit (MMU)
Der zwanzigpolige Speicherverwaltungschip (Atari-Teilenr. C060618) ermöglicht es, auf die Hardwareregister von ANTIC, GTIA, POKEY und PIA zuzugreifen und steuert nebenbei die System-ROMs sowie das BASIC-ROM. Das PORTB-Register (D301/16) wurde im Unterschied zur 400/800-MMU von einer Eingabe- in eine Ausgabeleitung umgewandelt, worin auch der Grund für die Streichung der Controllerports 3 und 4 bei den XL- und nachfolgende Modellen steckt.
Peripheral Interface Adapter 6520 (PIA)
Bei diesem Chip handelt es sich um einen Standard-Parallel I/O-Chip aus der MOS 6500-Serie, er ist ein funktioneller Nachbau des 1974 erschienenen Motorola MC6820 aus der 6800-Familie. PIA wurde entworfen, um eine einfache Integration in Bussysteme um die Prozessoren der 6800- und 6500-Familien zu ermöglichen. Dafür stehen 20 Ein- und Ausgabeleitungen bereit, die sich in zwei bidirektionale Busse und vier Steuerleitungen aufteilen. Die 8-Bit-Busleitungen können auch als 16 voneinander unabhängige Einzelleitungen genutzt werden, die Datenrichtung (Ein- oder Ausgabe) ist für jedes Bit einzeln steuerbar. Im Atari XE ist PIA vor allem für die Ansteuerung der Controllerschnittstellen zuständig.
Neben den zwei neunpoligen Controllerschnittstellen, dem HF-Antennenanschluss und dem Monitorport ist die wohl wichtigste Schnittstelle der 8-Bit-Computer von Atari die SIO-Schnittstelle (SIO = Serial Input/Output), sie dient zum Betrieb von intelligenten Peripheriegeräten, die mittels Identifikationsnummern auseinandergehalten werden. Hierbei kommt ein spezielles Übertragungsprotokoll und ein einzigartiger Stecker zum Einsatz. Peripheriegeräte werden in einer Kette hintereinander an die SIO-Schnittstelle angeschlossen (sogenanntes „Daisy Chaining“), wobei manche Geräte als SIO-Endglied ausgeführt sind. Bei den Geräten mit zwei SIO-Buchsen dient eine der Kommunikation des Gerätes mit dem Computer (Serial Bus Input), die andere zum Anschluss und zur Verwaltung eines weiteren Gerätes (Serial Bus Extender). Entwickelt wurde die Schnittstelle von Joe Decuir, der Jahre später auch am USB-Standard
mitarbeiten wird.
Schnittstellen |
|
Bezeichnung |
Schnittstellen-Typ |
Anschluss für… |
Controller 1 |
D-Sub-Buchse männl., 9-polig, ohne Schraubbolzen |
Controller aller Art |
Controller 2 |
D-Sub-Buchse männl., 9-polig, ohne Schraubbolzen |
Controller aller Art |
SIO |
Molex-Spezialbuchse männl., 13-polig |
Peripherigeräte |
Cartridge |
Platinensteckbuchse |
Steckmodule |
ECI (nicht bei allen) |
Platinensteckleiste, 14-polig |
Speichererweiterungen, Erweiterungssysteme |
Monitor |
NTSC/PAL: DIN-Rundbuchse weibl., 5-polig
SECAM: DIN-Rundbuchse weibl., 6-polig |
Computermonitor, Fernseher via AV-Kabel |
Television (nur NTSC/PAL) |
Cinch-Buchse |
Fernseher, via Antenneneingang |
Power |
DIN-Rundbuchse weibl., 7-polig |
Netzteil |
Modellinformationen |
Modellnummern |
XL (ursprünglich)
800XLF (vorläufig)
65XE (final)
800XE (regional) |
Hersteller |
Atari Taiwan Manufacturing Corp. 31 Min-Chu Road Tamshui, New Taipei City
Republik China
Whitways Enterprises Ltd.
20/F Block H
66–82 Chai Wan Kok St
Golden Bear Industrial Bldg
Tsuen Wan
British Hong Kong
|
Factory Codes |
A1 (ATMC)
X2 (Whitways) |
Entwicklungsbeginn |
08/1984 |
Ankündigung |
13.08.1984 (als Atari XL)
06.12.1984 (Pressekonferenz, Frankfurt a.Main) (als Atari 65XE)
04.03.1987 (CeBIT '87, Hannover) (Atari 800XE) |
Erstvorstellung |
05.01.1985 (Winter CES, Las Vegas) |
Im Handel |
30.03.1985
03/1986
07/1987 (800XE)
|
Produktion eingestellt |
Q3/1989 (NTSC) 31.12.1991 (SECAM, Najm)
31.12.1992 (PAL) |
Technische Informationen |
Prozessor |
Atari SALLY (Variante des MOS 6502) |
Systemtakt |
1,79 MHz (NTSC) 1,77 MHz (PAL) |
Arbeitsspeicher |
64 kB |
Festspeicher |
24 kB |
Betriebssystem |
Atari XL-OS Rev. 2, Rev. 3 oder Rev. 3B (s. Modellunterschiede) |
Grafikhardware |
Atari Alpha Numeric Television Interface Controller (ANTIC) Atari Graphics Television Interface Adapter (GTIA) |
Grafikmodi |
12 Grafikmodi von 20×12 bis 320×192 Pixel, max. 16 Farben gleichzeitig aus 256 Farben |
Soundchip |
Atari Potentiometer and Keyboard Integrated Circuit (POKEY) |
Audiokanäle |
4 PSG |
Tastatur |
Schreibmaschine, 57 Tasten + 5 Funktionstasten |
Abmessungen B×H×T |
35 × 6 × 23,3 cm |
Gewicht |
1800 g |
Lieferumfang Sondereditionen |
Dixons 65XE Home Computer Outfit:
65XE, XC12, CX40, Kassette TXP7100 Compilation A (Star Raiders, Asteroids, Missile Command, Centipede, Airstrike 2), TXP7100 Compilation C (Savage Pong, Up Up and Away, Cloak of Death, Leaper, Quest for Eternity)
Currys 65XE Home Computer Outfit:
65XE, XC12, CX40, Kassette TXP7100 Compilation A (Star Raiders, Asteroids, Missile Command, Centipede, Airstrike 2), TXP7101 Compilation B (Tennis, Chop Suey, Football, Basketball, Chess) |
Statistisches |
Neupreis |
04/86: $99 (2022: ca. $268) |
Letzte Seitenbearbeitung: 3. Juli 2024