Atari XL
Der Kommunikative: Atari 1400XL

Atari 1400XL

Inhaltsverzeichnis

Entwicklungsgeschichte

Neben den Heimcomputern 600XL und 800XL hatte Atari im Frühjahr 1983 auch mehrere Modelle in der Entwicklung, die sich eher auf den semiprofessionellen Markt konzentrieren sollten. Das Einstiegsmodell dieser „Professional Line“ ist der Atari 1400XL. Im Grunde genommen handelt es sich hier um einen 800XL im Gehäuse eines 1200XL mit eingebautem 300 baud-Modem (vgl. Atari 1030) und Sprachsynthesizer. Am 5. Juni 1983 wurde der Rechner auf der Summer CES in Las Vegas vorgestellt. Leider bestand der Computer die Prüfung zur elektromagnetischen Verträglichkeit im Juli bei der FCC nicht, die Voraussetzung ist, um solche Geräte in den USA auf den Markt bringen zu können. Zwar wurde danach noch etwas an dem Rechner weitergearbeitet, auch Printwerbung war bereits fertig entworfen und zum Teil gedruckt. Jedoch wurde im September 1983 vom neuen CEO James Morgan im Zuge der Restrukturierung Ataris entschieden, die Professional Line vorerst auf Eis zu legen. Für den 1400XL bedeutete diese Entscheidung das endgültige Aus. Einige Entwicklerversionen waren zu diesem Zeitpunkt bereits angefertigt und ausgegeben, zum Teil als 1200XL getarnt (aber leicht am PBI, den Modemanschlüssen, den fehlenden Kontrollleuchten L1 und L2 und den etwas anders gestalteten Joystickports zu erkennen). Der Rest wurde zusammen mit den anderen Artikeln auf die Deponie nach Alamogordo gebracht und vergraben.

Bilder

Atari 1400XL
Bildquellennachweise
Bild 1: © 1983 Atari, Inc.
Bild 4: Mit freundlicher Genehmigung von computer-history.org


Aufbau

Mainboard
Mainboard 1400XL


Prozessor

Zum Einsatz kommt eine Modifikation des weit verbreiteten 6502 von MOS Technologies unter dem Namen SALLY (Atari-Teilenummer C014806, manchmal fälschlicherweise – auch von Atari selbst – als 6502C bezeichnet). Der Prozessor kann auf einen Adressraum von 65536 Bytes zugreifen. Der Systemtakt beträgt beim 1200XL 1,79 MHz. Der 1975 eingeführte 6502 ist ein 8-Bit-Mikroprozessor mit 3510 Transistoren und einem 56 Befehle umfassenden Befehlssatz, der Adressbus hat eine Breite von 16 Bit. Verbaut ist er in einem 40-poligen DIP-Gehäuse (Dual In-line Package). Der Unterschied von SALLY zum Standard-6502 liegt vor allem am an Pin 35 angebrachten HALT-Signal, wodurch Atari vier Chips einsparen konnte, ANTIC und GTIA können somit den Prozessor direkt ohne Umwege zum Anhalten zwingen. An Pin 36 liegt ein Lese- und Schreibsignal (R/W) an. Beide Pins sind beim Standard-6502 nicht belegt.

Atari SALLY C014806


Spezialchips

Alpha-Numeric Television Interface Controller (ANTIC)
Der 40-polige Alpha-Numeric Television Interface Controller (Teilenummer C012296) ist der primäre 2D-Grafik-Coprozessor der 8-Bitter von Atari. Er wurde ab Januar 1977 auf Basis des TIA des Video Computer Systems entwickelt, im August 1977 konnte ein erster handverdrahteter Prototyp präsentiert werden, um den herum dann die Atari Heimcomputer entstanden. Mitgearbeitet haben Joe Decuir, Francois Michel und Steve Smith unter der Federführung von Jay Miner. ANTIC kümmert sich um die Erzeugung der Grafiken, die an den GTIA-Chip geliefert und von diesem eingefärbt werden. Dabei kann er per DMA auf den gesamten Arbeitsspeicher-Bereich zugreifen – während dieser Zugriffe wird übrigens der Hauptprozessor angehalten. Benutzer oder Computer hinterlegen eine sogenannte "Display List" im Arbeitsspeicher, ANTIC wertet diese dann aus und erstellt daraus dann den Bildinhalt. Bei Erreichen oder Verlassen bestimmter Bildschirmpositionen kann ANTIC Unterprogramme ausführen (Display List Interrupt), wodurch zeilenabhängige Manipulationen der Bildschirmanzeige vorgenommen werden können (beispielsweise das ändern der Farbe). ANTIC unterstützt das Scrolling.

Atari ANTIC


Graphics Television Interface Adapter (GTIA)
Der 40-polige Graphics Television Interface Adapter (NTSC: C014805, PAL: C014889, SECAM: C020120) erschien 1982 als Weiterentwicklung des CTIA und kümmert sich vorwiegend um die Ergänzung der vom ANTIC bereitgestellten Bilddaten. Diese werden in das Hintergrundbild kopiert und einer Kollisionsprüfung unterzogen – eine Methode, die zur vereinfachten Erstellung von Spielen mit interaktiven Objekten und schnellem Spielgeschehen dient. Vom GTIA aus gehen die Bilddaten dann an den HF-Modulator bzw. an die Monitorschnittstelle. Die Farbpalette des GTIA beträgt 16 Farben in jeweils 16 Helligkeitsstufen, was 256 Farbschattierungen entspricht. Der GTIA kümmert sich zudem um die Abfrage der Controllerports und einiger Tasten.

Atari GTIA


Potentiometer and Keyboard Integrated Circuit (POKEY)
Der 40-polige Potentiometer and Keyboard Integrated Circuit (C012294) ist in erster Linie ein Soundchip, kümmert sichaber auch um die Abfrage der Tastatur und den Betrieb der SIO-Schnittstelle. Er verfügt über vier Tonkanäle mit jeweils einer Rechteckschwigung mit frei einstellbarer Hüllkurve und Frequenz. Einzelne Tonkanäle können paarweise zusammengeschaltet werden. In Zusammenarbeit mit dem Prozessor kann POKEY auch digitalisierte Samples abspielen, die dazu benötigte Rechenleistung des Prozessors ist allerdings recht hoch, weswegen von beispielsweise Sprachausgabe nur sehr selten Gebrauch gemacht wurde. POKEY stellt die verarbeiteten Daten anschließend an den HF-Modulator bzw. die Monitorschnittstelle bereit. Neben den 8-Bit-Computern und der Konsole 5200 findet sich POKEY auch in einigen Atari Arcadespielen sowie in zwei Videospielmodulen für die Konsole 7800 wieder.

Atari POKEY


FREDDIE
Der 40-polige Multiplexer-Chip FREDDIE ermöglicht es dank Bankswitching, mehrere Speicherbänke anzusprechen, wodurch auch mehr als die vom 6502 ansprechbaren 64 kB Arbeitsspeicher möglich sind, da FREDDIE immer nur die eine benötigte Bank für den Prozessor einblendet. Außerdem ließen sich dank FREDDIE einige Logikschaltungen auf dem Mainboard streichen, was zusätzliche Kostenersparnis in der Herstellung bedeutete.


Memory Management Unit (MMU)
Der zwanzigpolige Speicherverwaltungschip (Atari-Teilenr. C060618) ermöglicht es, auf die Hardwareregister von ANTIC, GTIA, POKEY und PIA zuzugreifen und steuert nebenbei die System-ROMs sowie das BASIC-ROM. Das PORTB-Register (D301/16) wurde im Unterschied zur 400/800-MMU von einer Eingabe- in eine Ausgabeleitung umgewandelt, worin auch der Grund für die Streichung der Controllerports 3 und 4 bei den XL- und nachfolgende Modellen steckt.

Atari MMU


Peripheral Interface Adapter 6520 (PIA)
Bei diesem Chip handelt es sich um einen Standard-Parallel I/O-Chip aus der MOS 6500-Serie, er ist ein funktioneller Nachbau des 1974 erschienenen Motorola MC6820 aus der 6800-Familie. PIA wurde entworfen, um eine einfache Integration in Bussysteme um die Prozessoren der 6800- und 6500-Familien zu ermöglichen. Dafür stehen 20 Ein- und Ausgabeleitungen bereit, die sich in zwei bidirektionale Busse und vier Steuerleitungen aufteilen. Die 8-Bit-Busleitungen können auch als 16 voneinander unabhängige Einzelleitungen genutzt werden, die Datenrichtung (Ein- oder Ausgabe) ist für jedes Bit einzeln steuerbar. Im Atari 1400XL ist PIA vor allem für die Ansteuerung der Controllerschnittstellen zuständig.

Modem

Das interne Modem, technisch gleichzusetzen mit dem externen Modem 1030, hat eine Geschwindigkeit von 300 Bd, kann also 300 Symbole pro Sekunde übertragen. Der Computer wird zur Nutzung des Modems zwischen Telefon und Hausanschluss angeschlossen – das Kabel geht vom Hausanschluss in den Computer, ein zweites Kabel verbindet dann den Computer mit dem Telefon über den durchgeschleiften Anschluss.

Schnittstellen

Neben den zwei neunpoligen Controllerschnittstellen, dem HF-Antennenanschluss, dem Monitorport und dem Parallel Bus Interface (PBI), welches eine direkte Verbindung zum Prozessor darstellt ist die wohl wichtigste Schnittstelle der 8-Bit-Computer von Atari die SIO-Schnittstelle (SIO = Serial Input/Output), sie dient zum Betrieb von intelligenten Peripheriegeräten, die mittels Identifikationsnummern auseinandergehalten werden. Hierbei kommt ein spezielles Übertragungsprotokoll und ein einzigartiger Stecker zum Einsatz. Peripheriegeräte werden in einer Kette hintereinander an die SIO-Schnittstelle angeschlossen (sogenanntes „Daisy Chaining“), wobei manche Geräte als SIO-Endglied ausgeführt sind. Bei den Geräten mit zwei SIO-Buchsen dient eine der Kommunikation des Gerätes mit dem Computer (Serial Bus Input), die andere zum Anschluss und zur Verwaltung eines weiteren Gerätes (Serial Bus Extender). Entwickelt wurde die Schnittstelle von Joe Decuir, der Jahre später auch am USB-Standard mitarbeiten wird. Beim 1400XL kommen außerdem noch zwei Modemschnittstellen hinzu, über die eine wird der Computer mit der Telefonleitung verbunden, die andere dient dann zum Anschluss des Telefons.

Parallel Bus Interface (PBI)
Das Parallel Bus Interface, kurz PBI, ist eine 50-polige Schnittstelle, ausgeführt als Platinensteckkontakt, die den Systembus des XL nach außen führt, dort sollten Erweiterungen wie beispielsweise die 1090 XL Expansion-Box angeschlossen werden können. Für den 800XL gibt es keine Hardware für den PBI aus dem Hause Atari, von ICD gibt es das Multi I/O Board mit RAM-Disk, parallelen und seriellen Schnittstellen, Spooler und einer Schnittstelle für Festplatten. ähnlich ist die Black Box von CSS, die SCSI, serielle und parallele Schnittstellen, eine Schnittstelle für Diskettenlaufwerke und ein eigenes Menü bietet. An externen Laufwerken gibt es für das Interface das SupraDrive, eine frühe SCSI-Festplatte, sowie das parallele Diskettenlaufwerk Karin Maxi. Auch nach Einstellung der 8-Bit-Computer wurde weiter für das Interface entwickelt, darunter gibt es beispielsweise IDE-Hostadapter oder Speichererweiterungen.

Schnittstellen
Schnittstellen 1400XL
Schnittstellen-Bezeichnung Schnittstellen-Typ Anschluss für…
Controller 1 D-Sub-Buchse männl., 9-polig, ohne Schraubbolzen Joysticks, Trackballs, Paddles, Lightpens, Light Guns, Tabletts etc.
Controller 2 D-Sub-Buchse männl., 9-polig, ohne Schraubbolzen Joysticks, Trackballs, Paddles, Lightpens, Light Guns, Tabletts etc.
SIO Molex-Spezialbuchse männl., 13-polig Laufwerke, Drucker, Modems
Cartridge Platinensteckbuchse Steckmodule
Parallel Bus Interface Platinensteckleiste Speichererweiterungen, Erweiterungssysteme
Monitor DIN-Rundbuchse weibl., 5-polig Computermonitor, Fernseher (via AV-Kabel)
Television Cinch-Buchse Fernsehgerät (via Switchbox und RF-Antennenkabel)
Modem RJ11-Buchse Telefon-Hausanschluss
Modem RJ11-Buchse Haustelefon
Power DIN-Rundbuchse weibl., 7-polig Netzteil


Technische Daten

Modellinformationen
Modell 1400XL
Hersteller Atari
Atari, Inc.
1173 Borregas Ave
Sunnyvale, CA 94089
USA USA
Entwicklungsbeginn März 1983
Vorstellung 5. Juni 1983, Summer CES, Chicago
Status unveröffentlicht
Einstellung der Arbeiten September 1983
Technik
Prozessor Atari SALLY (Variante des MOS 6502)
Taktfrequenz 1,79 MHz
Arbeitsspeicher ab Werk (RAM) 64 kB
Festspeicher (ROM) 24 kB
Betriebssystem Atari XL-OS
Grafikchips Atari Alpha Numeric Television Interface Controller (ANTIC)
Atari Graphics Television Interface Adapter (GTIA)
Grafikmodi 12 Grafikmodi von 20×12 bis 320×192 Pixel, max. 16 Farben gleichzeitig aus 256 Farben
Soundchip Atari Potentiometer and Keyboard Integrated Circuit (POKEY)
Soundkanäle 4 PSG
Tastatur Schreibmaschine, 57 Tasten + 11 Funktionstasten
Abmessungen B×H×T 37,6 × 7,2 × 32 cm
Gewicht ca. 2 kg

Letzte Seitenbearbeitung: 18. Oktober 2023